Masken Revisionsverfahren in Hannover / Celle
Masken Revisionsverfahren in Hannover / Celle
Schon wieder muss ich gegen ein Urteil aus Hannover in die Revision gehen. Dabei hätten es die Richter diesmal doch besser wissen müssen, da ich schonmal in der Revision gegen ein Masken-Urteil aus Hannover gewonnen habe. Abermals machte man den Gerichtssaal zu einer Show-Bühne und lud den großen Angst-Experten Prof. Dr. Bandelow als Experten ein – warum bleibt das Geheimnis der Staatsanwaltschaft und des Gerichts.
Experte Prof. Bandelow redete am Beweisthema vorbei
Es ging um die Frage, ob sich meine Mandantin sich wegen des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnis (Masken-Attest) strafbar gemacht hatte. Darüber wurde aber gar nicht verhandelt, sondern es wurde in den Fokus gestellt, unter welchen Umständen ein Arzt ein Attest ausstellen darf. Hierzu hatte man den großen Angst-Experten Prof. Bandelow geladen, der eine ganz eigene Theorie aufstellte.
Der Arzt müsse abwiegen, ob das Wohl seines Patienten im Vordergrund stehe, oder das Wohl der Allgemeinheit. Da der Virus aber so gefährlich sei, hätte kein Arzt unter keinen Umständen jemals ein Attest ausstellen dürfen. Ganz zum Wohlwollen des Gerichts, welche von dem Experten begeistert war. Dabei ist eine solche Theorie allenfalls die persönliche Meinung des Experten, denn der Gesetzgeber hat eine solche Abwägung bereits getroffen, und zwar in der Corona Verordnung selbst.
Fragen an den Experten in der mündlichen Verhandlung
Auf meine Nachfrage, wie hoch die Gefahr, denn damals im Jahre 2022 denn gewesen sei, meinte der „Experte“ Bandelow, dass es ohne die Corona Maßnahmen (Masken) über 120.000.000 Todesopfer gegeben hätte.
Auf Nachfrage, woher er dies nehmen würde, hatte er keine Antwort. Dabei sollte es auch nicht die Expertise eines Psychologen sein, sich zu Viruserkrankungen zu äußern. Jedenfalls gab er noch an, dass ein Mitglied seiner Familie an der Spanischen Grippe gestorben sei. Zudem sei der Virus zum Tatzeitpunkt, also im Jahre 2022, so gefährlich gewesen, dass kein Arzt unter keinen Umständen jemals dazu berechtigt gewesen wäre, ein Attest zur Maskenbefreiung auszustellen, da der Arzt abzuwägen habe, zwischen dem Schutz der Bevölkerung und dem Schutz des Einzelnen. Nach einer solchen Abwägung hätte kein Arzt jemals ein Attest ausstellen dürfen. Ansonsten hätten diese Menschen auch zuhause bleiben können.
Auf Nachfrage, wie viele Menschen, denn an dem Corona Virus gestorben seien und ob ihm bekannt sei, dass es im Jahre 2020 eine Untersterblichkeit gegeben habe, meinte der Sachverständige, dass er die Frage nicht verstehen würde. Der Hinweis an den Vorsitzenden, dass der Experte kein Virologe und insbesondere auch kein Epidemiologe sei und sich daher dazu gar nicht äußern könne, wurde schlicht ignoriert.
Wenn der Sachverständige Bandelow meint, dass ein Arzt eine Abwägung machen müsse, zwischen den Interessen des Patienten und der Allgemeinheit, dann aber keinerlei Kenntnis von Virologie und Epidemiologie besitzt, dann kann er eine solche vorzunehmenden Abwägung nicht mal selbst beurteilen, wie sollten dann also die Mediziner, die der Angeklagten ein Attest ausgestellt habe, der Theorie der Experten Bandelow folgend eine solche Abwägung treffen können.
Genau deshalb hatte ich das Landgericht Hannover um die Ladung der Sachverständigen Prof. Ines Kappstein gebeten, was ohne sachliche Begründung abgelehnt wurde. Mit der Frage, wann ein Attest anzuerkennen ist, hat sich bereits das OLG Celle, Beschluss vom 27.06.2022 – 2 Ss 58/22, auseinandergesetzt. Der Beschluss sagt aber rein gar nichts dazu aus, in welcher Form eine Untersuchung stattgefunden haben muss und welche genauen Untersuchungen für die Ausstellung eines Attests erforderlich sind. Hierzu konnte auch der Sachverständige nichts beitragen.
Die „Abwägungstheorie“ des Sachverständigen zwischen der Gesundheit der Allgemeinheit und der Gesundheit der Maskenträgerin hat der Gesetzgeber bereits in der Corona-VO getroffen und darf daher vom Sachverständigen nicht im abweichenden Sinne getroffen werden. Der Sachverständige hat sich nicht zur normativen Abwägung, sondern zu den medizinischen Fakten zu äußern. Es kommt hinzu, dass der Dr. Bandelow auch keine Fachkunde von Immunologie besitzt.
Bereits in der Vergangenheit hatte sich Bandelow in unglaublicher Weise geäußert, so dass nicht davon auszugehen war, dass er ein unabhängiger Experte ist. So äußerte sich Bandelow in der Zeitschrift Focus und propagierte dort die verfassungswidrige 2G+ Regelung: „Ich würde eher sagen, dass sich die Geimpften sicher fühlen. Durch die 2G oder 2G+-Regelungen ist das Risiko deutlich reduziert. Klar kann man sich auch in einer Bar mit Geimpften anstecken, aber wahrscheinlich trifft uns die Erkrankung dann nicht in voller Härte. Wir gehen also ein kalkulierbares Risiko ein, so wie wir das auch sonst machen, wenn wir bei dichtem Verkehr auf die Autobahn fahren. Zunehmend gewöhnen wir uns an Gefahren und handeln nachlässiger“. Und: „Man kann die Nichtgeimpften zwar nicht abführen oder zwangsimpfen, aber wir können sie von allen Möglichkeiten ausschließen und uns so vor ihnen schützen.“
Diagnosen im Attest und erforderliche Untersuchungen
Richtig ist, dass wenn keine Untersuchung stattgefunden hätte, das Attest als rechtlich als falsch zu bewerten gewesen wäre. Genau diese Feststellung konnte eben nicht getroffen werden. Dabei ist es auch kein Indiz dafür, dass das Attest „falsch“ sein können, dass die Angeklagte für den Prozess im Arbeitsrecht ihren Arzt gebeten hatte Diagnosen in das Attest aufzunehmen.
Dies belegt vielmehr die gegenteilige Annahme, dass sie unter freiwilliger Aufgabe des Daten- und Patientenschutzes dazu bereit gewesen ist, ihre Diagnosen offenzulegen, da für den Prozess im Arbeitsrecht die Offenlegung der Diagnose erforderlich war.
Diesbezüglich ist zu unterscheiden bezüglich dem „normalen“ Alltagsattest (auch Community Attest genannt), für das eben keine Offenlegung der Diagnosen erforderlich ist und ein Attest im Arbeitsrecht, bei dem eine Diagnose nach herrschender Auffassung der Rechtsprechung offenzulegen sind, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. September 2020 – 13 B 1368/20 -, juris Rn. 11ff.
Ein weit verbreiteter Irrtum, der auch immer wieder auf den Demos zu beobachten war, auf denen die Polizei den Demonstranten das Attest einfach wegnahm und behauptete, dieses sei falsch – weil es keine Diagnose enthalte.
Ob Untersuchungen und feststehenden Befunde ausreichend für die Ausstellung eines Attests sind, entzieht sich schlicht der richterlichen Bewertung, vgl. OLG Celle, Beschluss vom 27.06.2022 – 2 Ss 58/22. Dem Gericht steht es gar nicht zu, eine ärztliche Expertise einfach als „falsch“ einzustufen. Vielmehr noch: Das Gericht hat – ohne selbst eine Fachkunde zu besitzen – das Untersuchungsergebnis von Ärzten ohne weitere Begründung als „falsch“ bzw. ein „Gefälligkeitsattest“ postuliert. Eine solche Bewertung steht dem Gericht nicht zu. Es kommt für die Frage, ob ein (Masken-) Attest richtig oder falsch ist, lediglich darauf an, ob eine körperliche Untersuchung stattgefunden hat (vgl. bei Fischer StGB, § 278 Rn.).
Eine solche körperliche Untersuchung fand jedoch, wie das Gericht selbst festgestellt hat von beiden Ärzten statt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich eben nicht um einen körperliche, sondern um eine psychologische Beeinträchtigung handelt, welche als eine Ausnahme in der Corona Verordnung ausdrücklich vorgesehen ist. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Angeklagte auch nur irgendwelche falschen Angaben zu ihrer Gesundheit machte.
Welche Form der Untersuchung erforderlich und so konkludent miterklärt wird, ist einzelfallabhängig und nach medizinischen bzw. medizinrechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, LG Freiburg (Breisgau) 2. Große Strafkammer, Beschluss vom 05.08.2021 – 2 Qs 36/21. Es gibt Krankheitsfälle, in denen es sich entweder nach der Art der Erkrankung oder der seelischen Verfassung des Patienten für den gewissenhaften Arzt verbietet, eine körperliche Untersuchung oder eine persönliche Befragung des Patienten vorzunehmen. In solchen Fällen genügt der Arzt der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht auch im Rahmen des § 278 StGB, wenn er vor der Ausstellung des Gesundheitszeugnisses sich auf andere Weise zuverlässig über den Gesundheitszustand des Patienten unterrichtet, vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. Januar 2006 – 1 Ss 24/05 -, juris Rn. 24.
Vorsatz zum Gebrauch eines falschen Attests konnte nicht belegt werden
Jedenfalls konnte meiner Mandantin auch kein Vorsatz nachgewiesen werden, dass sie ein falsches Attest im Rechtsverkehr gebraucht hatte. Dass sie von der Richtigkeit des Attest ausgegangen ist, zeigt vielmehr, dass sie selbst es war, die die Polizei gerufen hatte, als sie in einem Geschäft nicht bedient wurde. Demnach kann man nicht von einem Vorsatz ausgehen, vgl. hierzu auch AG München (824 Cs 234 Js 109736/21).
Eine Täuschung muss auf das Hervorrufen der Fehlvorstellung über die Echtheit der Urkunde gerichtet sein, vgl. MüKo, § 267 Rn. 204. Außerdem muss die Täuschung darauf gerichtet sein, den Täuschungsadressaten zu einem rechtserheblichen Verhalten zu veranlassen, vgl. AnwaltsKommentar, § 277 Rn. 14. Dies muss der Täter als sicher voraussetzen oder wissen, AnwaltsKommentar, § 267 Rn. 30.
Die Angeklagte hat sich zu Recht auf die Einschätzung ihrer Ärzte verlassen. Zudem war es die Angeklagte selbst, die die Polizei rief, als Zweifel an dem Attest geltend gemacht wurden. Genau dies zeigt, dass die Angeklagte an die Richtigkeit ihres Attests glaubte. Einen besseren Beleg dafür, dass die Angeklagte eben keinen Vorsatz für den Gebrauch eines angeblich falschen Attest hatte, gibt es doch gar nicht. Kein Mensch würde selbst die Polizei rufen, wenn er bzw. sie denken würde, dass das Attest nicht wirksam bzw. falsch wäre.
Über den Ausgang des Revisionsverfahren werde ich sie unterrichten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Urteil aus Hannover der rechtlichen Prüfung standhalten kann.